Marie Marcks ist die wohl bekannteste deutsche Karikaturistin, Grafikerin und Buch-Illustratorin. Sechs Jahrzehnte setzte sie sich in pointierten Geschichten und Zeichnungen mit gesellschaftspolitischen Themen auseinander. Ihre mit feinem Strich mit Feder und Tusche und gelegentlich mit Buntstiften angefertigten Arbeiten muten auf den ersten Blick idyllisch an. Erst der zweite Blick offenbart Marie Marcks’ kritische Position und distanzierte Haltung. (Selbst-)Ironie und Menschenfreundlichkeit der Künstlerin versöhnen den Betrachtenden ihrer Bilder mit ihrer radikalen und glasklaren Sicht auf die Dinge. Marie Marcks’ Zeichnungen liefern kein explizit wertendes Fazit, es gibt keinen erhobenen Zeigefinger, aber die Künstlerin ist stets dem guten Gewissen auf den Fersen. Mit ungeheurem Mut positioniert sich Marie Marcks im moralischen Haifischbecken politischer Debatten und gesellschaftsrelevanter Diskussionen mit ihren Zeichnungen als starke Beobachterin mit eindeutiger Botschaft. Dabei reicht ihr Themenspektrum von Rüstungs- und Atompolitik, Menschenrechten, Innen- und Außenpolitik über Natur-, Arten- und Umweltschutz bis zu Jugend, Frauen, Emanzipation und Mann-Frau- sowie Mutter-Kind-Beziehungen.
Mit einer Auswahl ihres umfangreichen und vielfach ausgezeichneten Werks ehrte das Caricatura Museum Frankfurt die bedeutendste deutsche Meisterin der Karikatur.
Perfektes zeichnerisches Handwerk und bestechende erzählerische Eleganz verweisen schon auf den ersten Blick auf den künstlerischen Hintergrund von Marie Marcks. Sie wurde am 25. August 1922 in Berlin geboren. Ihr Vater war Architekt und Zeichner, die Mutter Leiterin einer eigenen Kunstschule. Entsprechend griff Marie Marcks von Kindesbeinen an zu Papier und Stiften, die im Elternhaus wie selbstverständlich vorhandenwaren. Sie selbst sagte von sich, dass sie „das Gekritzel zu ihrem Beruf gemacht“ hat.
Nach einer Ausbildung an der Kunstschule der Mutter studierte Marie Marcks noch während des Weltkriegs einige Semester Architektur in Berlin und Stuttgart. Seit Kriegsende war Marie Marcks erfolgreich als freie Grafikerin tätig. Aus dieser Zeit stammen ihre berühmten Plakate für den Heidelberger Filmclub und den Jazzclub CAVE 54. Ihren ersten „Staatsauftrag“ erhielt sie 1958 für die Gestaltung des deutschen Pavillons bei der Weltausstellung in Brüssel. Ihre ersten gedruckten Karikaturen erschienen bei der Zeitschrift atomzeitalter. In den 60er
Jahren startete Marie Marcks beispiellose Karriere als damals einzige weibliche Karikaturistin. Sie selbst sah in der Tatsache, dass sie von Themen wie Wiederbewaffnung, Kriegsgefahr, Paragraph 218 und anderen Diskussionen der Zeit persönlich und durch ihre Kinder direkt betroffen war, einen wesentlichen Erfolgsfaktor für ihre Arbeit.
Mit ihrem kritischen Blick und ihren meisterhaft gezeichneten grimmigen Idyllen hat Marie Marcks wesentlich dazu beigetragen, Themen wie Umweltschutz und Emanzipation im Bewusstsein der Deutschen zu verankern. Die Karikaturen und Bildergeschichten von Marie Marcks sind unter anderem in der Süddeutschen Zeitung, der ZEIT, Vorwärts und der TITANIC sowie in zahlreichen Büchern erschienen und in vielen Ausstellungen zu sehen gewesen. Neben namhaften anderen Auszeichnungen – darunter das Bundesverdienstkreuz 1994 – erhielt die Karikaturistin für ihr Lebenswerk 2002 den Göttinger Elch und 2008 den Deutschen Karikaturistenpreis.
Marie Marcks verstarb am 7. Dezember 2014 in Heidelberg.
Größten Einfluss auf die künstlerische Entwicklung von Marie Marcks hatte der rumänisch-amerikanische Zeichner und Karikaturist Saul Steinberg, dessen Cartoons und Titelbilder im Magazin The New Yorker erschienen. Nicht so stilbildend, dennoch nachhaltig wirksam ist Sempés Einfluss auf die Karikaturistin gewesen. Marcks Verehrung galt dem österreichischen Karikaturisten und Illustrator Paul Flora. „Sehr genau hingeschaut“ hatte Marie Marcks nach eigenen Angaben bei F.K. Waechter, den ein nach ihrer Einschätzung einmaliger und wundervoller Strich auszeichnete. Unter den heute noch aktiven Vertretern der Komischen Kunst war Hans Traxler für Marie Marcks der „King“.
In der Ausstellung waren über 300 Blätter aus dem umfangreichen Lebenswerk von Marie Marcks zu sehen, die ihr gesamtes Themenspektrum abdeckten. Als Highlight der Ausstellung zeigte das Caricatura Museum Frankfurt auf der Galerie den gesamten ersten Teil von Marie Marcks‘ gezeichneter Autobiographie „Marie, es brennt!“, die 1984 im Frauenbuchverlag erstmals erschienen ist. Die Zeichnungen und Illustrationen waren zum großen Teil Leihgaben der Künstlerin. Viele Werke stammten aber auch aus dem Bestand des Caricatura Museum Frankfurt.
Die Ausstellung wurde bis zum 11. November 2012 verlängert.